DuckDuckGo: Fehlender "convert"-Befehl hinzugefuegt
[krt-msg] / 2006-06-12T00:00:00Z.msg
1 From: Boris Kraut <krt@nurfuerspam.de>\r
2 Date: Mon, 12 Jun 2006 00:00:00 +0000\r
3 Category: \r
4 Sender: \r
5 Message-ID: <20060612000000.6iF4e7@silberbruch>  \r
6 References: \r
7 Keywords: \r
8 Comments: \r
9 To: undisclosed-recipients: ;\r
10 Subject: Aufgaben eines Staats\r
11 \r
12 Wenn man etwas durch die Kanaele schaltet oder ein etwas heikles Thema am\r
13 Stammtisch anspricht, so hoert man oft die Meinung, dass "der Staat doch da\r
14 etwas machen muesste". Komischerweise sind das meistens genau die Leute,\r
15 die sich wenig spaeter ueber unseren UEberwachungsstaat beschweren. Da es\r
16 sich hier jedoch nicht um eine vereinzelnd auftretende Meinung, sondern\r
17 eher um ein Massenphaenomen handelt, scheint es mir nur richtig zu sein,\r
18 wenn ich heute etwas genauer auf die Aufgaben und Pflichten eines Staates\r
19 eingehe. Da dies jedoch ein sehr kontroverses Thema ist, moechte ich gleich\r
20 darauf hinweisen, dass ich kein Gesellschaftswissenschaftler bin, sondern\r
21 lediglich ein an der Materie interessierter Staatsbuerger.\r
22 \r
23 Nun, was ist eigentlich ein Staat? Wann beginnt dieses Gebilde, welches\r
24 wir Staat nennen? Meiner Meinung nach ist die einfachste Staatform das\r
25 Versprechen zweier Menschen, sich gegenseitig gegen einen oder mehrere\r
26 Dritte zu verteidigen. Es geht also um den einfachen Gedanken, dass zwei\r
27 Schwache zusammen durchaus einem einzigen Starken ueberlegen sein koennen.\r
28 Man gibt einen Teil seiner Freiheiten -in unserem Beispiel die Freiheit\r
29 den Partner anzugreifen beziehungsweise ihn im Stich zu lassen, wenn dieser\r
30 Hilfe benoetigt- fuer etwas Sicherheit ab. Genau dies ist meiner Meinung nach\r
31 der alleinige Sinn und Zweck eines Staates: Sicherheit, und zwar nicht nur\r
32 aeussere Sicherheit -also das Abwehren von Dritten-, sondern auch innere. Wenn\r
33 also in einer solchen (siehe oben) Gruppe ein Mitglied A versucht gegen ein\r
34 Mitglied B vorzugehen, so muessen alle anderen B zu Hilfe kommen. Mitglied A\r
35 ist dadurch, dass es die UEbereinkunft -oder sollte ich besser Staatsvertrag\r
36 sagen?- bricht, automatisch kein Mitglied mehr. Ob es nach dieser\r
37 Auseinandersetzung wieder in die Gruppe aufgenommen wird, ist eine andere\r
38 Frage. Neben innerer und aeusserer Sicherheit gehoeren aber -gerade in \r
39 groesseren Gruppen- auch soziale Sicherheiten dazu. So ist es durchaus \r
40 wuenschenswert, wenn ein schwaches Mitglied zur Not von den staerkeren solange\r
41 versorgt wird, bis es (wieder) auf eigenen Beinen stehen kann, zumindest wenn\r
42 es sich an die Regeln der Gruppe haelt und seinen eigenen -eventuell sehr \r
43 bescheidenen- Beitrag fuer diese leistet. Man darf aber nicht vergessen, dass\r
44 es fuer keinen Dritten ein Anrecht darauf gibt, in die Gruppe aufgenommen zu\r
45 werden, auch wenn man sich selbst an die Regeln haelt. Ob ein neues Mitglied\r
46 aufgenommen wird, entscheidet immer die Gruppe, niemand sonst.\r
47 \r
48 Im Laufe der Zeit werden meist neue Interessen in den Vordergrund ruecken,\r
49 teils bedingt durch neue Mitglieder, teils durch Veraenderungen von\r
50 Aussenstehenden, wie zum Beispiel die Formierung einer weiteren Gruppe. Es\r
51 wird noetig werden, die urspruenglichen Richtlinien an diese neuen Situationen\r
52 anzupassen. Wer dies schlussendlich entscheidet, haengt von der Staatsform ab.\r
53 Eventuell haben alle Mitglieder die gleichen rechte oder aber es duerfen\r
54 solche AEnderungen nur von Mitgliedern, die sich bereits um die Gruppe\r
55 verdient gemacht haben, also im engsten Sinne nur die Gruendungsmitglieder,\r
56 beschlossen werden. Wie dem auch sei, die weit wichtigere Frage ist doch,\r
57 was mit der Gruppe passiert, wenn nicht alle Mitglieder fuer die Veraenderungen\r
58 sind. Dann muss sich jedes Mitglied fragen, ob ihm die Mitgliedschaft\r
59 weiterhin mehr einbringt als er verliert und im Zweifelsfalle die Gruppe\r
60 verlassen. Gerade bei Gruppierungen mit territorialen Anspruechen stellt sich\r
61 zudem eine weitere Frage: Wuerde jemand aus freien Stuecken die Gruppe\r
62 verlassen, waere es klar, dass er geht und die Gruppe bleibt. Doch wenn sich\r
63 die Gruppenrichtlinien veraendern, ist die Frage nicht ganz so leicht zu\r
64 klaeren. Wem gehoeren die Gebiete? Der neuen Gruppe, die aus der alten\r
65 hervorgegangen ist? Oder doch eher denen, die sich weiterhin an den\r
66 urspruenglichen Werten festhalten? Ich denke, dass eigentlich eher die\r
67 Reformer sich ein neues Flecken Erde suchen muessten. Man kann das ziemlich\r
68 gut mit dem hier wohl eher bekannten Forken der Opensource-Szene\r
69 vergleichen. Diejenigen, die nicht mehr zufrieden sind, treten aus und\r
70 formieren sich unter einem anderen Namen neu. Das Problem ist dabei jedoch\r
71 meist, dass ein Grossteil der alten Fuehrung, die sich gegen die aufkommenden\r
72 Ansprueche der neuen Gruppe wehren muesste, die Seite gewechselt hat. Es laeuft\r
73 also wie so oft darauf hinaus, dass die staerkere Gruppe sich durchsetzen wird.\r
74 \r
75 Diese Probleme wuerden sich nicht ergeben, wenn der Staat ein so abstraktes\r
76 Gebilde waere, als welches wir ihn gerne ansehen. Fakt ist, dass ein Staat von\r
77 Menschen geschaffen wird, aus Menschen besteht und ohne diese nicht\r
78 existieren kann. Wenn sie als Staatsorgane handeln, dann sollten Menschen\r
79 auf Sicherheit bedacht zu sein und versuchen den idealen Staat aufzubauen.\r
80 Dieser ideale Staat waere, so leid es mir tut, unter anderem ein totalitaerer\r
81 UEberwachungsstaat. Als Menschen sollten sie jedoch auf Freiheit besonderen\r
82 Wert legen, welche schlussendlich zu Anarchie fuehrt -ja, auch das mag manchen\r
83 ueberraschen, aber Anarchie ist die freieste Staatsform, da hier kein Staat\r
84 existiert. Da aber in einer Anarchie jeder tun kann, was er will, also auch\r
85 einen Staat gruenden darf, wird dieser Zustand nie besonders lange andauern.\r
86 Es gilt also fuer einen Menschen, der zugleich als Staatsorgan handelt, diese\r
87 beiden gegenlaeufigen Ziele unter einen Hut zu bringen, so gut es geht zu\r
88 verbinden und einen fuer die Gesellschaft ertraeglichen Mittelweg zu finden.\r
89 So viel Sicherheit wie noetig, aber so viel Freiheit wie moeglich.\r
90 \r
91 Ein weiteres Problem mit Menschen ist, dass sie von Grund aus egoistisch\r
92 veranlagt sind. Verabschiedet euch bitte von der Vorstellung, irgendjemand\r
93 wuerde etwas einfach nur so machen. Jeder Mensch, versucht bewusst oder\r
94 unbewusst nur das Beste fuer sich zu machen. Als Beispiel waere hier ein\r
95 Pfarrer oder gar ein religioeser Fundamentalist genannt, fuer die es einen\r
96 groesseren Wert gibt, als auf das eigene Leben bedacht zu sein. Um zu\r
97 verhindern, dass Menschen, die Staatsaufgaben ausfuehren, die ihnen\r
98 gegebene Macht nicht fuer sich persoenlich nutzen, gibt es verschiedene\r
99 Ansaetze. Besonders gelungen finde ich die Idee der vertikalen und\r
100 horizontalen Gewaltenteilung. Da dies jedoch den Rahmen dieses Artikels\r
101 sprengen wuerde, verweise ich auf die unten aufgefuehrten Seiten.\r
102 \r
103 Ich weiss, dass diese Ideen nicht ganz neu sind und ich sie nur kurz und\r
104 unvollstaendig wiedergeben kann, doch  scheint mir dieses Wissen in letzter\r
105 Zeit etwas in Vergessenheit geraten zu sein, weshalb ich mit diesem Artikel\r
106 nur einen kleinen Einstieg, ein Appetithaeppchen, bieten will. Wer Interesse\r
107 hat, sollte sich genauer informieren. Im Internet, Buechereien oder auch in\r
108 diversen aktuellen Publikationen findet sich sehr viel Stoff zu diesen\r
109 Themen. Wichtig dabei ist, dass man sich nicht an eine Theorie klammert\r
110 und diese als alleinigen Quell der Weisheit ansieht, sondern dass man\r
111 verschiedene Schriften liest, sie versteht und sie dann fuer sich selbst\r
112 ueberprueft und man somit zu einer eigenen Meinung kommt. Gerade bei Karl\r
113 Marx [4] und Friedrich Engels [5] muss ich nochmals darauf hinweisen, dass\r
114 dies sehr interessante und gute Ideen sind. Leider wurde hier am Anfang\r
115 eine falsche Annahme gemacht, wodurch das ganze Konstrukt zusammenbricht:\r
116 Menschen haben keinen einheitlichen Willen! Menschen sind egoistisch\r
117 veranlagt und man kann sie nicht veraendern.\r
118 \r
119 Anmerkung vom 02. Oktober 2007: Inzwischen habe ich diese Ideen etwas weiter\r
120 gesponnen, vieles nochmals ueberdacht, einiges grundsaetzlich veraendert und\r
121 neue Sichtweisen der Sache kennengelernt. Obwohl sich dadurch der\r
122 Grundgedanke, die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit\r
123 zu finden, nicht geaendert hat, werde ich wohl nicht drumherum kommen, eine\r
124 Neuauflage dieses Artikels zu schreiben. Insbesondere mit Hinblick auf\r
125 die letzten AEusserungen unseres amtierenden Innenministers, scheint mir das\r
126 ganze ein wichtiges Thema zu sein.\r
127 \r
128 \r
129 [1] http://de.wikipedia.org/wiki/John_Locke\r
130 [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Hobbes\r
131 [3] http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Darwin\r
132 [4] http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Marx\r
133 [5] http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Engels