1 From: Boris Kraut <krt@nurfuerspam.de>
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2 Date: Sun, 09 Aug 2009 00:00:03 +0000
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5 Message-ID: <20090809000003.TSP51Z@silberbruch>
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9 To: undisclosed-recipients: ;
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10 Subject: We lost the war 2.0
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12 Wer mich kennt oder schon etwas laenger hier mit liest, der wird
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13 wissen, dass ich nicht gerade dafuer bekannt bin, dass ich mit
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14 persoenlichen Daten um mich werfe. Ganz im Gegenteil, ich bin
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15 eigentlich der erste, der schreit, wenn ich auch nur eine potentielle
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16 Gefahr fuer den Datenschutz oder gar eine freiwillige Preisgabe
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17 von personenbezogenen Daten sehe. Doch in den letzten Wochen und
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18 Monaten hat sich etwas grundlegend an dieser Einstellung geaendert.
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20 Nein, ich werde mich jetzt nicht bei StudiVZ und Co. registrieren
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21 und jede Seuche im Web 2.0 mitmachen oder gar andere versuchen von
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22 den "Vorteilen" zu ueberzeugen, aber ich bin - wie ich schon in
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23 meinem Beitrag "We lost the war" beschrieben habe - zu der Erkenntnis
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24 gelangt, dass es nicht mehr ausreicht, nur im kleinen Kreis diese
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25 Werte zu propagieren und zu verteidigen. Wer sich nicht schuldig
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26 machen will, der darf nicht schweigen, der muss handeln und dazu
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27 stehen, jetzt und oeffentlich!
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29 Mohandas Karamchand 'Mahatma' Gandhi:
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30 > Wer Unrecht duldet, ohne sich dagegen zu wehren, macht sich mitschuldig.
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32 Es ist ja nicht so, dass ich es mir ausgesucht habe, aber die
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33 derzeitige Situation zwingt mich einfahc dazu. Jedesmal, wenn ich
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34 nach draussen sehe und wieder einmal ein Gesetz zum Grundrechtsabbau
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35 beschlossen wird, wenn ich zum abertausendsten mal mir anhoeren muss,
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36 dass man ja gar nichts zu verbergen haette, dann zerreist es mir
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37 innerlich das Herz; dann will ich schreien und kann es doch nicht,
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38 wenn ich nicht gleichzeitig einen Teil meiner Grundrechte aufgeben
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39 will. Damit muss Schluss sein.
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41 Martin Luther (zugeschrieben):
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42 > Hier stehe ich und kann nicht anders!
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44 Ich habe mich damit abgefunden, dass ich diese Werte wohl nicht mehr
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45 in ihrem vollen Umfang und ihrer einzigartigen Schoenheit geniessen
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46 werde, dass ich die spaerlichen Reste, die noch uebrig sind, mich
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47 nicht auf Dauer beschuetzen werden koennen und dass ich sie fuer
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48 mich aufgeben muss, wenn ich sie aktiv fuer unsere Nachkommen
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49 erhalten will. Jede Generation muss sie sich wohl erneut erkaempfen:
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52 > Freiheit gewinnt erst Wert, sie wird erst rangverleihend, wenn sie
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53 > der Unfreiheit abgewonnen wird, wenn sie Befreiung ist.
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55 Nun, wie sieht diese neue, erzwungenes Oeffentlichkeit aus? Ich werde
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56 zwar weiterhin auf mein Recht und meine Rechte pochen, aber sie nicht
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57 mehr so kompromisslos durchsetzen. Ein gutes Beispiel ist, dass es
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58 inzwischen im Internet Bilder von mir zu sehen gibt und ich diese
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59 nicht versuche loeschen zu lassen. Auch Zeitungsartikel mit vollem
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60 Namen und Bildern sind inzwischen vorhanden - meist allerdings ohne
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61 meine Zustimmung. Trotzdem, die Leute duerfen wissen, dass ich Vortraege
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62 halte und gegen einen drohenden Polizeistaat auf die Strasse gehe.
\r
64 Aber das ganze ist natuerlich nicht als eine Art Freibrief zu verstehen;
\r
65 man kann auch jetzt nicht damit beginnen massiv Fotos von mir in den
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66 bereits angesprochenen sozialen Netzwerken wie StudiVZ, Facebook und Co.
\r
67 einzustellen, denn das lehne ich weiterhin wehment ab! Eine gewisse von
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68 mir selbst "entschiedene" Oeffentlichkeit laesst sich aber aufgrund der
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69 oben genannten Umstaende nicht mehr laenger vermeiden. Des weiteren
\r
70 werde ich mich wohl in Kuerze aus meinem selbst gewaelten Web-
\r
71 Einsiedlertum in der medialen, klickbaren Welt zurueckmelden.
\r
73 Ein Blog ist denkbar, aber im heutigen Sinn eher unwahrscheinlich, denn
\r
74 ich brauche etwas, was mir die bisherige Freiheit direkt in der .plan
\r
75 Datei zu posten erhaelt. Daher kommen einige ausgefallene Blogarten ins
\r
76 Spiel: Soup.io bietet z.B. an direkt per Mail zu bloggen, was mir bei
\r
77 meinem derzeitigen Setup sehr entgegen kaeme. Auch ein simples Ver-
\r
78 oeffentlichen der Finger-Ausgabe auf einem Webserver ist eine Moeglichkeit,
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79 die ich genauer untersuche. Twitter hat zwar auch ne tolle API und ich
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80 habe es vor kurzem wieder getestet, aber 140 Zeichen sind mir doch etwas
\r
81 zu kurz. Ausserdem ist die zentrale, proprietaere Architektur von Twitter
\r
82 mir ein Dorn im Auge; die letzten DOS-Angriffe zeigen ja deutlich, das so
\r
83 etwas nicht gut ist. Ich gehoerte mit zu denen, die ICQ zu dem gemacht
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84 haben, was es heute ist (oder gestern war); nochmals moechte ich mich nicht
\r
85 bei sowas schuldig machen. Identi.ca wuerde ich zwar nutzen, erreiche aber
\r
86 darueber deutlich weniger Leute, was ja meinem Ziel entgegen steht. Was es
\r
87 letztendlich wird, steht noch in den Sternen. Es ist ein langer und
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88 langsamer Prozess des Umdenkens und Umlernens.
\r
90 Als letztes moechte ich mich (wie in meinem Vorgaenger-Post zu diesem
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91 Thema) nochmals mit dem Worst-Case-Scenario beschaeftigen. In einer Zeit,
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92 in der ueberall private Ueberwachungskameras haengen, in der Google mit
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93 hochaufloesenden Kameras ganze Strassenzuege vermisst und Satteliten-
\r
94 aufnahmen besitzt, die auf den Quadratmeter genau Leute anzeigen koennen,
\r
95 in so einer Zeit ist es fast schon utopisch zu hoffen, den Datenschutz
\r
96 hochzuhalten. Kein Gesetz der Welt kann verhindern, dass man sich solche
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97 Daten verschafft oder sie erzeugt; gerade wenn sie (fuer entsprechendes
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98 Geld) so einfach zu beschaffen sind. Und dann ist der Missbrauch vor-
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99 programmiert. Was wir wirklich brauchen, ist einer Aenderung im Bewusst-
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100 sein der Menschen - wie ich schon mehrfach anmerkte:
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102 - Die Leute muessen (gerade bei modernen Medien) lernen, Informationen
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103 zu pruefen und nicht ungefragt darauf aufbauend ein Bild eines anderen
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104 Menschens zu schaffen. Egal was im Netz steht, es ist wichtig, dass man
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105 der Person ein Recht einraeumt sich zu erklaeren.
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107 - Die Leute muessen viel mehr sich darauf einlassen, sich selbst erklaeren
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108 zu koennen. Sie muessen zu ihrem Wort stehen oder zumindest darlegen
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109 koennen, wie es zu einer (evtl. falschen) Aussage kam.
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111 Vielleicht wird aus den Problemen der modernen Welt sich eine neue
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112 Wahrhaftigkeit herausbilden, aber darauf zu vertrauen ist nicht der richtige
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113 Weg. Man muss weiter kaempfen, auch wenn es eventuell ein Kampf gegen
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