1 From: Boris Kraut <krt@nurfuerspam.de>
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3 Date: Tue, 22 Mar 2011 02:48:30 +0100
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5 Message-ID: <20110322014830.4GP4RD@silberbruch>
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8 To: undisclosed-recipients: ;
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9 Subject: Datenschutz fuer Avatare
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11 Ich war immer schon beeindruckt, wie soziale Netzwerke versuchen,
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12 moeglichst viele Daten abzugreifen, ohne dass der Nutzer es merkt.
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13 Klar, er weiss eigentlich meistens, was er da tut, aber er wird
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14 es nicht hinterfragen. Die Tricks sind relativ einfach: Man versucht
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15 dem Nutzer einen wirklichen Vorteil zu suggerieren. Man darf den
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16 Nutzer nicht mit ewigen Formularlisten ueberschuetten -- das wohl
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17 typische Behoerdenformular mit zig Feldern pro Seite als Gegensatz
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18 -- sondern man muss ihm wenige Felder zeigen, so dass er das Gefuehl
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19 hat, er habe alles im Griff; bei Bedarf kann man dann kontext-
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20 bezogene weitere Felder aufpoppen lassen oder einfach regelmaessig
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21 neue Fragen stellen. Und am Ende gibt man ihm Feedback: Ein Lob,
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22 ein grafischer Balken, der sich der 100% Marke naehert, neue
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23 Funktionen -- es ist so leicht, die Leute zu begluecken, gerade
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24 in einer Welt, in der man kaum Lob, zumindest kein echtes Feed-
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27 Nun, dieses Datensammeln ist in manchen Netzwerken sogar fast
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28 schon eine Art Spiel. Man bekommt Community-Punkte oder gar
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29 "Achievements" fuer das Beantworten von Fragen, fuer Kommentare,
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30 fuer das Hochladen von Bildern, fuer alles was man tut -- so
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31 lange man es innerhalb der Webseite tut...
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33 Letztens habe ich seit langen mal wieder ein PC-Spiel gezockt. Es
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34 war ein Rollenspiel, bei dem man nicht nur das Aussehen des Avatars
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35 und dessen Fertigkeiten veraendern konnte, sondern bei dem die
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36 Handlungen im Spiel und die Art, wie man Dialoge mit NPCs fuehrte,
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37 einen direkten Einfluss auf die Verhaltensweise des Avatars hatte;
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38 dies veraenderte dann die Einstellung des Avatars gegenueber NPCs
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39 und die NPCs reagierten auch entsprechend anders. Man konnte also
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40 seine ethisch-moralischen Grundsaetze durch aktives Handeln im
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41 Spiel an seinen Avatar weitergeben, so dass dieser sich auch
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42 automaitsiert entsprechend verhalten konnte, dass er die Werte
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43 des Spielers lernen konnte.
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45 Wie problematisch so etwas werden koennte, ist mir aufgefallen,
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46 als mich ein NPC fragte, ob ich -- also mein Avatar -- an Gott
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47 glaubte. Sicher, der Avatar ist nicht ich, man koennte ja luegen
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48 oder gezielt nicht die eigenen Ansichten vertreten, eben in eine
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49 fremde Rolle schluepfen. Aber wie viel "Ich" ist noch in der
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52 Vielleciht gibt es dazu schon Untersuchungen (wenn jemand dazu
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53 etwas weiss, dann bitte Link an mich!), aber so grundsaetzlich
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54 sind die meisten PC-Spieler nicht sehr geuebt darin, eine "Rolle"
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55 zu erschaffen und zu spielen. Sie verhalten sich entweder so,
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56 wie sie real sind, oder so, wie sie gern waeren. Letzteres kann
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57 in einer Ueberzeichung der eigenen Werte zu einer heldenhaften
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58 Figur dargestellt werden, oder genau im Gegenteil dessen, was
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59 man ist, quasi das sein, wie man gerne waere, wenn man nicht
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60 durch die Gesellschaft oder sich selbst daran gehindert wuerde.
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61 Prinzipiell kann man -- sollte der Spieler nicht explizit
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62 dagegen optimieren -- schon aufgrund des Avatars Rueckschluesse
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63 auf den Spieler ziehen. Das Wort Avatar legt das ja auch Nahe,
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64 da es eine Manifestation des (goettlichen) Wesens ist, und nicht
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65 etwas neues, eigenstaendiges.
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67 Bisher waren solche Ueberlegungen, sollten sie denn so stimmen
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68 oder irgendwann eintreten, ohne Belang, aber da immer mehr
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69 Spiele online stattfinden -- nicht nur MMORPGs, sondern auch
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70 SinglePlayer-Spiele, ueber deren Online-Zwang und Achievement-
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71 Systeme ich ja schon vor einiger Zeit geschrieben habe --
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72 koennten sich diese Paranoia schon sehr bald bewahrheiten.
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