From: Boris Kraut Date: Wed, 17 May 2006 00:00:00 +0000 Category: Sender: Message-ID: <20060517000000.Q2wTBq@silberbruch> References: Keywords: Comments: To: undisclosed-recipients: ; Subject: Kontrollwahn von Webdesignern Als ich gestern Abend gemuetlich durch das Web surfte und mir die neue Website von Yahoo! anschauen wollte, wurde ich schwer enttaeuscht. Da wollte man mir doch tatsaechlich erzaehlen, dass mein Browser, Opera, nicht von der neuen Yahoo!-Seite unterstuetzt wird und leitete mich nach dieser Meldung auf das alte Portal um. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass inzwischen jeder Webdesigner davon gehoert hat, dass eine Webseite nicht fuer einen oder mehrere ausgewaehlte Browser optimiert werden sollte, geschweige denn, dass man Benutzer mit einem falschen Browser einfach abweist. Ich habe daraufhin eine eMail an Yahoo! geschrieben, dass sie doch bitte einfach gueltigen Code schreiben und die Browserwahl dem Benutzer ueberlassen sollten. Besonders geaergert hat mich das ganze, weil Opera die Seite ohne Probleme darstellt, wenn man sich als Internet Explorer oder ein Mozilla-Derivat ausgibt. Durch diesen Vorfall etwas ins Gruebeln gekommen, ueberpruefte ich noch weitere Webseiten und musste erstaunt feststellen, dass sich Jahre nach Ende des ersten Browserkrieges mit seinen unsaeglichen "Optimized for XYZ"-Bannern immer noch nichts geaendert hat. Einige Webmaster fuehren sogar das Leitbild vom standardkonformen Web ad absurdum: Sie optimieren ihre Seiten mit - teilweise nicht ganz so - gueltigem Code nicht fuer einen Browser, sondern gezielt gegen den IE. Diese Leute haben nicht verstanden, worum es eigentlich geht und erkennen oft nicht, dass sie damit auch viele aeltere Browser am Besuch der Seite hindern. Denn diese setzten zwar die meisten aelteren Standards korrekt um, ihnen fehlt lediglich die Unterstuetzung fuer die neueren. UEbrigens - und das nur so am Rande - ist der IE durchaus standardkonform, zumindest fuer einige dieser aelteren Standards. Jetzt werden sicher einige einwenden wollen, dass sich schon wirklich viel getan hat und die meisten Webseiten auf solchen Unsinn verzichten und mit jedem Browser funktionieren. Auch ich habe das lange gedacht und wenn man nicht genau nach schaut, ist das auch so. Trotzdem sind auch heute noch viele Webseiten so gestaltet worden, dass sie - wahrscheinlich ungewollt - einige Benutzer ausschliessen. Komplette Seiten in Flash, Einbindungen von proprietaeren Formaten sind nur der Gipfel dieses Eisberges. Das massenmaessig groesste Problem ist, dass Webseiten heutzutage gerne auf eine bestimmte Aufloesung optimiert werden und dass Texte fest formatiert werden. Ich denke jeder hat es schon mal erlebt: Man findet im Internet einen interessanten, etwas laengeren Artikel. Um diesen entspannter Lesen zu koennen versucht man die Schriftgroesse zu aendern, doch es passiert nichts, absolut nichts. Aus Angst, dass der Benutzer mit so einer Aktion das Layout der Seite sprengen koennte haben viele Webdesigner naemlich fixe Schriftgroessen in ihren Seiten erzwungen. Inzwischen versuchen die Browserhersteller nicht einfach die Schriftgroesse zu aendern, sondern die ganze Webseite zu vergroessern. Dabei bleibt das Design erhalten und man kann entspannt lesen. Opera bietet auch einen Benutzer-Modus an, in dem der Browser den Formatierungseinstellungen des Benutzers eine hoehere Prioritaet einraeumt als den Einstellungen, die die Webseite mitbringt. Diese Funktionen sind zwar sehr hilfreich, aber im Grunde genommen nur ein Hack um das Problem zu umgehen, denn das ganze muss eigentlich nicht sein. Ich vertrete jedoch die Meinung, dass der Webdesigner darauf achten sollte, nicht einen Teil seiner Benutzer auszusperren. (X)HTML und CSS bieten genuegend Moeglichkeiten, um Benutzerfreundlichkeit und schoenes Design unter einen Hut zu bringen. Ich weiss, dass es nicht leicht ist, seinen Schreib und Denkstil dem entsprechend anzupassen, auch ich falle noch regelmaessig in das alte Muster zurueck, aber ich denke es lohnt sich, diese Muehen auf sich zu nehmen. Ich moechte hier ein paar Tipps geben, wie man die gaengigsten Fehler vermeidet. Gerne koennt ihr mir eure Meinung dazu mitteilen. Wenn ihr ein paar gute Tipps auf Lager habt, dann werde ich diese natuerlich ebenfalls in den Artikel aufnehmen. Man kann nicht davon ausgehen, dass der geneigte Besucher eine bestimmte Aufloesung hat. Vielleicht surft er mit einem PDA, vielleicht besitzt er ein Widescreen-Notebook oder vielleicht ist er ein Grafiker der mit einer Aufloesung jenseits von 2048x1536 unterwegs ist. Um allen Besuchern ein mehr oder weniger gleich gutes Erlebnis zu bieten, sollte man auf starre Layouts verzichten. Viele Webseiten gaengeln sich selbst mit einem dieser bekannten 800px-Designs, um keine Besucher mit kleinen Monitoren zu verprellen. Das ist zwar nett gemeint und irgendwo muss man nun mal eine Grenze ziehen, aber schon mit gaengigen Widescreen-Bildschirmen leidet das Gesamtbild erheblich, dann man links und rechts der Seite massiv Platz verschenkt. Prozentuale Groessenangaben helfen hier sehr viel, auch wenn es ein wenig Zeit in Anspruch nimmt, diese richtig zu planen. Wenn sich ein festes Layout nicht umgehen laesst, dann sollte man wenigstens darauf achten, dass sich der eigentliche Inhalt - vor allem Text - innerhalb dieses Layouts frei nach den Wuenschen des Besuchers formatieren laesst. Darauf sollte man natuerlich auch Wert legen, wenn man kein fixes Layout hat. Viele Formatierungen kann man relativ unbedenklich verwenden, dazu gehoeren Farbe, relative Groesse, Ausrichtung und sogar die Schriftart. Bei letzterem sollte man jedoch daran denken, dass sich die Webseite auch mit anderen Schriftarten gut darstellen laesst. Die Finger lassen sollte man dagegen von pixelgenauen Groessenangaben. Auch beim Einsatz von kursivem oder fettgedrucktem Text sollte man Vorsicht walten lassen. Man muss sich immer fragen: Will ich wirklich eine bestimmte Formatierung erzwingen, oder will ich dem Wort an sich eine bestimmte Bedeutung geben. Letzteres sollte meistens der Fall sein und dafuer gibt es spezielle Tags, wie zum Beispiel em, strong, code, usw. Ein Blick auf [1] hilft hier bei der Auswahl des richtigen Tags. Der Vorteil dieser Methode ist, dass jeder Besucher - auch Leute mit Textbrowsern oder gar Blinde - erkennt, dass die markierten Textstellen eine besondere Bedeutung haben. Da ich ja gerade einen Link gepostet habe, will ich auch noch kurz auf das Streitthema, wie und ob man Links formatieren sollte, eingehen. Fuer die Bedienbarkeit waere es natuerlich am besten, wenn man die Formatierung von Hyperlinks dem Benutzer ueberlaesst. Da wir aber hier sowieso einen eigenen Tag haben, der uns ja schon darauf hinweist, dass der folgende Text ein Verweis ist, denke ich, dass man hier in einem gewissen Rahmen durchaus formatieren kann. Solange man sich an die oben beschriebenen Vorschlaege haelt und bereits besuchte Verweise besonders kennzeichnet, wie es in letzter Zeit ja immer seltener der Fall ist, habe ich keine Bedenken. Ein weiteres Thema ist die Verwendung von JavaScript. JavaScript bietet einem unheimlich viele Moeglichkeiten und wenn jemand JavaScript - zum Beispiel wegen Sicherheitsbedenken- abschaltet, dann wird er einfach manche Funktionen im Web nicht nutzten koennen. Das ist hart, aber so ist es. Trotzdem sollte man stets darauf achten, nicht wild JavaScript zu verwenden. Wenn sich eine Funktion auch anders einbauen laesst, dann sollte man dies auch tun. Bestes Beispiel sind Galerien, die die Bilder auf Mausklick in einem PopUp-Fenster anzeigen. Hier noch einmal zum mitschreiben: Man braucht fuer einen Link kein JavaScript! Man wird sicherlich nie eine Moeglichkeit haben, jeden Benutzer zu Frieden stellen zu koennen, doch hat man schon viel gewonnen, wenn man sich einigermassen an diese Tipps haelt. Eine interessante Anleitung [2] zu diesem Thema gibt es uebrigens auf der Website von Peter-Paul Koch [3]. [1] http://de.selfhtml.org/html/text/logisch.htm [2] http://www.quirksmode.org/guidelines.html [3] http://www.quirksmode.org/