From: Boris Kraut Date: Mon, 10 Dec 2007 00:00:00 +0000 Category: Sender: Message-ID: <20071210000000.95P7bV@silberbruch> References: Keywords: Comments: To: undisclosed-recipients: ; Subject: Videoueberwachung beim OEPNV In vielen Regionen ist es schon laengst Usus, dass man bei den Bussen und Bahnen des OEPNVs vollueberwacht wird. Auch in Karlsruhe gibts es seit 2003 solche Bestrebungen. Vor kurzem musste ich zum ersten Mal in einer vollueberwachten Tram des KVV fahren. Die an den Tueren angebrachten Warnschilder habe ich erst richtig gelesen, als ich diese komischen Kameraaugen an der Decke bemerkte, doch weder diese Schilder, noch der Fahrer konnten mir naehere Auskunft geben. Als ich dann wieder zu Hause war, habe ich mich gleich dran gemacht und dem KVV eine Mail geschrieben: > From: krt@nurfuerspam.de > To: info@kvv.karlsruhe.de > Subject: Kameraueberwachung > Date: Tue, 27 Nov 2007 15:32:36 +0100 > > Sehr geehrte Damen und Herren, > > wie ich heute erfahren musste, sind in Teilen ihres Fuhrparks Videokameras > installiert. Ich moechte daher gerne einige Informationen wissen: > > - Wie lange werden diese Daten gespeichert? > - Ist in allen Fahrzeugen die Nachruestung von Kameras geplant? > - Wer erhaelt Zugriff auf diese Daten? > > Auch wenn die Videoueberwachung insbesondere in den Abendstunden zu weniger > Gewalt fuehren sollte, so fuehle ich mich durch diese UEberwachung massiv in > meiner Privatsphere gestoert. Ja, der KVV gehoert zum OEFFENTLICHEN Personen- > nahverkehr, trotzdem missfaellt es mir immer und ueberall mit Videokameras > erfassbar zu sein, insbesondere da sicha us diesen Daten sehr leicht > Bewegungsmuster erkennen lassen. Sollte sich dieser Trend auch in den von > mir genutzten Linien durchsetzen, so werde ich in Zukunft wohl nicht mehr > meine Monatskarten holen, sondern lieber einen 10-30 Minuten laengeren Weg > in Kauf nehmen. > > > Mit freundlichen Gruessen > > -- > Boris Kraut Als Antwort erhielt ich kurze Zeit spaeter folgende Mail. Mal abgesehen davon, dass ich mich insbesondere ueber den ersten Satz masslos geaergert habe (HALLO? Jemand zu Hause? Stellt euch vor, es gibt Leute, die es nicht toll finden ueberwacht zu werden!), gab es wenigstens ein paar harte Fakten: > From: xxx@vbk.karlsruhe.de > To: krt@nurfuerspam.de > Subject: Ihre E-Mail vom 27.11.07 > Date: Thu, 29 Nov 2007 10:20:34 +0100 > > Service-Nr. XXXXXX > > Sehr geehrter Herr Kraut, > > wir bedauern sehr, dass Sie sich durch den Einsatz von Videoschutzanlagen in > Ihrer Privatsphaere gestoert fuehlen. > > Diese Massnahmen dienen der Fahrgastsicherheit in den Bahnen und werden vom > ueberwiegenden Teil der Fahrgaeste als Qualitaetsmerkmal wahrgenommen. Dies > wurde auch durch das Feedback von Fahrgaesten waehrend der Erprobungsphase im > Fruehjahr 2003, bei welcher eine Bahn versuchsweise mit dieser Technik > ausgestattet war, bestaetigt. > > Die Verkehrsbetriebe mit ihrem Verkehrsangebot erfuellen zwar eine > oeffentliche Aufgabe, die dabei eingesetzten Busse und Bahnen jedoch sind > Eigentum der jeweiligen Unternehmen. Ebenso, wie jede Privatperson ein > Interesse an der Unversehrtheit und dem Werterhalt ihres Eigentums hat, > haben auch wir als Verkehrsunternehmen ein Interesse daran, dass mit unserem > Eigentum pfleglich umgegangen wird. Die in den letzten Jahren sprunghaft > angestiegenen Aufwendungen fuer die Beseitigung von Graffiti und > Vandalismusschaeden zwingen uns, Gegenmassnahmen einzuleiten. Nach Erfahrungen > in anderen Staedten ist der Betrieb von Videoschutzanlagen in den Fahrzeugen > ein geeignetes Mittel. > > In 10 Fahrzeugen des Fahrzeugpools der Verkehrsbetriebe Karlsruhe und > Albtal-Verkehrs-Gesellschaft ist zur Zeit eine Videoanlage installiert und > entsprechend durch Piktogramme gekennzeichnet. Eine Live-Beobachtung erfolgt > nicht. Die Aufnahmen der Innenraumkameras werden in einem verschlossenen > Ringspeicherrecorder verschluesselt aufgezeichnet und im Regelfall nach 48 > Stunden automatisch ohne Sichtung ueberschrieben. Ein Auslesen des > Ringspeichers und eine Auswertung der Bilder erfolgt nur anlassbezogen bei > einem Zwischenfall in der Bahn. Hierzu wird der Ringspeicher entnommen und > das aufgezeichnete Datenmaterial an einem ausschliesslich hierfuer > eingerichteten PC gesichtet. Dieser Rechner ist nicht vernetzt und nur auf > diesem ist die Software installiert, welche die Bilddaten darstellen kann. > Die Sichtung darf nur gemeinsam durch zwei Mitarbeiter (Vier-Augen-Prinzip) > der Abteilung ?Kundenbetreuung/Rechtsabteilung? erfolgen. Nur die fuer > Beweiszwecke erforderlichen Sequenzen werden gesichert und koennen wie alle > sonstigen Beweismittel den Strafverfolgungsbehoerden zur Verfuegung gestellt > werden. > > Wir hoffen sehr auf Ihr Verstaendnis und verbleiben > > > mit freundlichen Gruessen > > i.A. Name Geaendert Immerhin hat man sich Muehe gegeben meine Fragen zu beantworten. Ich persoenlich werde aber sobald sich das auch auf meine Bahnlinien ausdehnt, doch lieber das AUTO(!) oder mein Fahrrad nehmen. Update: Inzwischen setzt der KVV auch auf meinen Strecken Stasiwagen ein, weshalb ich mir eben einen Fahrer beiseite genommen und befragt habe. Er wusste noch nicht mal, dass in der Strassenbahn, die er gerade gefahren hatte, Videokameras installiert waren. Ausserdem war es ihm ziemlich egal und er konnte mir auch keine vernuenftigen Antworten geben, wie lange die Bilder gespeichert werden. Als ich mich davontrollte hat er auch noch mit seinem Kollegen etwas abfaellig ueber mich geredet und beide haben ueber mich und meine Bedenken gelacht; danke KVV! Zu Hause angekommen habe ich mich gleich telefonisch mit dem KVV-Kundencenter in Verbindung gesetzt. Die Dame am Telefon wollte mir die UEberwachung schmackhaft machen, es sei doch gar nichts dabei, sie haette nichts zu verbegen und es waere doch alles nur wegen der Sicherheit; aber das kennen wir ja alles schon. Die wirklich neue Information war, dass der komplette Fuhrpark umgeruestet werden soll, bis auf die "Berliner"-Uraltbahnen, die langsam aber sicher ausgephast werden. Neue Anschaffungen kommen natuerlich ab Werk mit Bespitzelungseinrichtungen. Nun bleibt mir langsam aber sicher kaum eine Alternative. In den Sommer- monaten kann ich zumindest in die Stadt mit dem Fahrrad fahren, aber zu meinen Freunden, die teilweise etwas hoeher gelegen wohnen, oder im Winter bzw. im Regen ist das nicht ganz so verlockend. Der Spritpreis sorgt dafuer, dass das Auto als staendiges Fortbewegungsmittel nicht geeignet ist. Eventuell gibt es ja einen sparamen Rolller oder ein Mofa; vor kurzem habe ich ueber Elektrofahrraeder gelesen, da muss ich mich mal umhoeren. Ein weiterer Punkt, den ich noch klaeren muss, ist was alles gefilmt wird, denn die Bahnen sind grossteils verglast, so dass sich zumindest mit den Kameras an den Tueren auch sicherlich ausserhalb der Bahn aufnahmen machen lassen. Man muss ueberlegen, was man tut.