From: Boris Kraut Date: Sun, 27 Apr 2008 00:00:00 +0000 Category: Sender: Message-ID: <20080427000000.luFyB4@silberbruch> References: Keywords: Comments: To: undisclosed-recipients: ; Subject: Ubuntu 8.04 LTS im Kurztest Es ist einige Zeit vergangen, seitdem ich mich das letzte Mal intensiver mit der Vorzeigedistribution Ubuntu beschaeftigt habe. Inzwischen hat sich viel getan und mit Ubuntu 8.04 Hardy Heron steht uns wieder eine LTS-Ausgabe ins Haus. Diese Versionen werden von Canonical auf dem Desktop drei (fuer die Server-Variante sind es sogar fuenf) Jahre lang untersuetzt und sind somit besonders fuer den Einsatz im produktiven Umfeld geeignet. Ich habe mir die Zeit genommen die aktuelle Beta-Version zu testen, die sich allerdings schon recht stabil anfuehlt; kein Wunder, denn der Release steht noch in diesem Monat bevor. Als Testmaschine dient mir mein Thinkpad T41 mit einer alten 40GB Platte. Grafisch gibt sich Ubuntu in seinen gewohnten Braun- und Orangetoenen, doch an einigen Stellen merkt man, dass das ganze behutsam aufpoliert wurde. Die Menues sehen im Zuge der Aktualisierung von Gnome aehnlich denen aus Windows XP aus und haben eine farbige Markierung am linken Rand. Das Standard-Wallpaper ist diesmal richtig gut gelungen. Anstatt eines einfallslosen erdbraunen Hintergrundbild, welchen man schnellst moeglich ersetzten moechte, gibt es nun ein wahres Kunstwerk, das einen stilisierten Reiher (Heron) in rot-orangem Farbgewandt auf braunem Hintergrund zeigt. Auch die Hardwareunterstuetzung und -autoerkennung ist sehr gut. Waehrend ich bei FreeBSD noch selbst Hand anlegen musste, erkennt Ubuntu mein Synaptics- Touchpad automatisch und stellt es mit allen Funktionen zur Verfuegung: Scrollbalken, Trackpad, alle Maustasten und auch die relative Mauszeigerberschleunigung arbeiten ohne Probleme. Allerdings werden die Zusatztasten im Cursor-Bereich des Thinkpads leider nicht standardmaessig nutzen. Sie werden zwar erkannt, man muss ihnen aber wie bei FreeBSD erst per "xmodmap" Kennnamen geben, damit man sie verwenden kann; gleiches gilt fuer eine korrekte Belegung fuer NumLock: $ xmodmap -e "keycode 233 = XF86Forward" -e "keycode 234 = XF86Back" $ xmodmap -e "keycode 77 = Num_Lock" Nachtrag: Zumindest wer den Standarddesktop, Gnome, nutzt, kann sich das Hantieren mit "xmodmap" sparen. Das Menue zum Einstellen von Tastaturkuerzeln kann auch mit Keycodes umgehen und braucht nicht unbedingt einen Identifier. Die Problematik mit NumLock muss aber weiterhin per "xmodmap" geloest werden. Das Display wird mit der maximalen Aufloesung ueber den Treiber "radeon" angesprochen, doch die Desktop-Effekte lassen sich bei mir nicht aktivieren. Obwohl "glxgears" laeuft, vermute ich, dass die 3D-Unterstuetzung meiner Mobility 9000 wohl noch nicht so weit ist. Ohne Abstriche funktioniert dagegen das WLAN. Die verbaute IBM/Philips 11a/b/g Netzwerkkarte verwendet einen Atheroschipsatz, der von "ath" und "madwifi" unterstuetzt wird. Auch wenn es inzwischen eine komplett freie Loesung gibt, verwendet Ubuntu immer noch Teile der proprietaeren Loesung, was aber kein Problem darstellt. Die entsprechenden Dateien werden automatisch geladen und in der "Verwaltung fuer eingeschraenkte Treiber" vermerkt. Das Auffinden von vorhandenen Funknetzwerken und die jeweilige Konfiguration ist auch ueber die grafische Oberflaeche moeglich, so dass auch Benutzer, die auf der Befehlszeile nicht ganz so fitt sind, es problemlos bewerkstelligen koennen. Einmal konfiguriert merkt sich der Assistent auch die Einstellungen und verbindet sich auf Wunsch nach einem Neustart weiterhin mit dem gewaehlten Netzwerk. Die Stromsparmodi Suspend-to-Disk (S4) und Suspend-to-RAM (S3) werden hier schon von Haus aus unterstuetzt werden, und auch die dafuer notwendigen Sondertasten. Die Lautstaerkeregelung, das Thinklight und die Steuerung des externen Monitoranschlusses geht ebenfalls problemlos. Es wird trotzdem bei Thinkpads empfohlen das Modul "thinkpad-acpi" (frueher: "ibm-acpi") zu laden: $ sudo echo 'thinkpad-acpi' >> /etc/modules Wie beim Vorgaenger sind die meisten Paketquellen schon standardmaessig angewaehlt, man muss also nur kurz kontrollieren ob alles korrekt ist. Zudem ist es ratsam, auch die Quelle www.medibuntu.org [2] aufzunehmen, die viele Multimediacodecs und -programme enthaelt: $ sudo echo "deb http://packages.medibuntu.org/ hardy free non-free" >> /etc/apt/sources.list $ sudo echo "deb-src http://packages.medibuntu.org/ hardy free non-free" >> /etc/apt/sources.list $ wget -q http://packages.medibuntu.org/medibuntu-key.gpg -O- | sudo apt-key add - && sudo apt-get update Manchmal kann es zudem noetig sein, auf Quellen von Debian zurueck zu greifen, so nutze ich beispielsweise fuer den Jabber-Client "mcabber" die Version aus einem Debian-Repository, da die offizielle Ubuntu-Version leider ohne OTR-Verschluesselung und ohne das Woerterbuch "aspell" kompiliert wurde. Solche Fremdquellen sind aber mit Vorsicht zu geniessen und sollten nur fuer einzelne Pakete genutzt werden. Ist die gewuenschte Anwendung installiert, sollte man die Quelle wieder auskommentieren; um Sicherheitsupdates muss man sich dann allerdings von Zeit zu Zeit selbst kuemmern: $ sudo echo "deb ftp://ftp.de.debian.org/debian lenny main" >> /etc/apt/sources.list UEber den Paketmanager laesst sich ohne Schwierigkeiten das proprietaere Flash-Plugin von Adobe installieren und nutzen. Im Gegensatz zu frueher habe ich bisher keinerlei Haenge oder Abstuerze deswegen gehabt. Wer Probleme hat und nicht auf Flash verzichten kann, der sollte die Kombination aus WINE, Firefox/win32 und Flash/win32 probieren. Der ebenfalls von Adobe stammende Acrobat/Adobe-Reader laesst sich zwar momentan wegen fehlerhaften Abhaengigkeiten nicht installieren, ich denke aber, dass dies jedoch bis zur Veroeffentlichung noch behoben wird. Ansonsten gibt es ja fuer PDF genuegend freie Alternativen, wie beispielsweise das standardmaessig installierte "evince". Zum Abschluss laesst sich sagen, dass Ubuntu mit dieser Version wieder ein Stueckchen erwachsener geworden ist und es richtig Spass macht, damit zu arbeiten. Ubuntu uebernimmt wie uebliche viele Dinge automatisch, was die Installation und Konfiguration angeht. Das ist auf der einen Seite eine willkommene Hilfe, die insbesondere Neulinge zu schaetzen wissen, auf der anderen Seite nimmt einem das auch ein wenig dei Freiheit selbst zu entscheiden. Wenn es daran geht etwas tiefer ins System einzugreifen, so werden einige vielleicht enttaeuscht sein, aber diese Leute werden mit Ubuntu auch nicht angesprochen, fuer sie gibt es jede Menge anderer Distributionen. Ich persoenlich werde Ubuntu noch eine Weile parallel zu FreeBSD nutzen, aber nicht auf meinem Thinkpad, sondern auf meiner alten Workstation/Server. Dort habe ich Probleme den Drucker unter FreeBSD ans Laufen zu bekommen, weshalb ich fuer diesen Zweck ein Klick-Linux brauche, in das ich mich nicht erst eine Ewigkeit lang einlesen muss, eben Ubuntu. Allerdings hoffe ich darauf, dass ich auch hier bald ein BSD nutzen kann.Mehr zum Thema Ubuntu 8.04 findet ihr im offiziellen Ubuntu-Wiki [3], bei der deutschen Support-Community Ubuntuusers.de [4] oder bei Suzan [5], auch wenn ich ihre Maus-Probleme nicht nachvollziehen kann. [1] http://forum.ubuntuusers.de/ [2] http://www.medibuntu.org/ [3] https://wiki.ubuntu.com/ [4] http://wiki.ubuntuusers.de/Hardy_Heron [5] http://mylinux.suzansworld.com/?p=296 [6] http://www.kismetwireless.net/ [7] http://aircrack-ng.org/ [8] http://wiki.ubuntuusers.de/WLAN/MadWifi [9] http://aircrack-ng.org/doku.php?id=madwifi-ng [10] http://aircrack-ng.org/doku.php?id=airmon-ng