From: Boris Kraut Date: Mon, 07 Sep 2009 16:35:07 +0000 Category: Sender: Message-ID: <20090907163507._DSPcG@silberbruch> References: Keywords: Comments: To: undisclosed-recipients: ; Subject: Parteien zur Wahl Anmerkung: Fertig gestellt habe ich diesen Rant hier schon vor zwei Wochen, wollte ihn aber nochmal ueberarbeiten, da er wie weiter unten erwaehnt nicht gerade sehrobjektiv oder gar fundiert ist. Derzeit kotzen mich aber fast alle Parteien und Politiker so sehr an, dass ich es bis heute einfach keine Lust hatte, den Wisch nochmals zu ueberarbeiten. Da die Wahl allerdings immer naeher rueckt, hau ich ihn einfach mal raus. Tut mir Leid, die Qualitaet ist teilweise wirklich unter aller Sau. Trotzdem viel... Spass?? Bald steht die Wahl zum 17. Deutschen Bundestag an, die Karten mit der Wahlbenachrichtigung werden gerade verschickt, doch was ist das fuer eine Wahl, bei der es keine Alternativen zu geben scheint, bei der man zwischen Pest und Cholera waehlen muss? Das Parteien im Wahlkampf viel versprechen, was sie nicht halten koennen, ist leider eine traurige, aber allgemein geduldete Tatsache geworden; wer soll es denn auch veruebeln, wenn ein Grossteil der Bevoelkerung sich mit solchen Ratten- faengerbotschaften nur allzu gern koedern laesst? Doch fast alle Parteien haben in den letzten Jahren durch die Bank weg sooft gegen eigene Versprechen verstossen, eigene Grundsaetze verraten, die Naehe zum Volk verloren und sich massivst gegen die Verfassung gestellt, dass sich nach der Wahl keiner als Gewinner fuehlen duerfte, sondern nur als kleinstes UEbel. Hier mal eine kurze Bestandsaufnahme der Parteien, die sich auf das reine Meinen, Glauben und Fuehlen beschraenkt. Sie ist schmierig, plakativ und wurde ohne fundierte Hintergrundrecherche geschrieben, also bitte keine Klagen. Der hier nicht kommentierte rechte Rand (die CDU hat eine Sonderstellung ;)) ist natuerlich absolut keine Option, darueber muss ich ja wohl nicht erst schreiben. Ebenso habe ich mich nicht mit irgendwelchen Kleinstparteien (Ausnahmen sind hier Wohl SPD und Piraten :P) auseinandergesetzt, da sie einfach nicht auf meinem Radar sind; hier koennten teils durchaus erfrischende Alternativen auf ihre Entdeckung warten... CDU/CSU ------- Frueher wurde mir eine gewisse Naehe zur CDU nachgesagt, was vor allem an meiner eher konservativen - konservativ ist hier in der urspruenglichen Bedeutung gebraucht: Werte erhalten, behutsame AEnderungen zur Verbesserung, keine radikalen Reformen - Gesamt- haltung liegt und tatsaechlich gab es auch Zeiten in denen es faehige CDU-Politiker gab, doch diese sind laengst vergangen. Die jetzige CDU ist de facto von niemanden waehlbar, der auch nur eine Silbe des Grundgesetzes verstanden hat. Herausragende Beispiele fuer inkompetente CDU-Politiker sind beispielsweise... ... Wolfgang Schaeuble als Minister fuer Sicherheitspropaganda und Grundrechteabbau hat nun wirklich fast woechentlich bewiesen, dass er aus dem zweiten Weltkrieg nichts gelernt hat und das Grundgesetz am liebsten abschaffen wuerde. Eine Partei die so einen Mann duldet, ja sogar bewirbt, ist absolut nicht waehlbar, wie faehig der Rest auch immer sein moege. ... Angela Merkel ist beliebt beim Volk, doch warum? Ihr Rezept ist einfach: Wer nichts tut, kann auch nichts falsch machen. Sie ist zwar immer mediale praesent, vermeidet es aber Entscheidungen zu treffen oder substanzielle von sich zu geben, denn das koennte ja jemanden verstimmen oder gegen sie aufbringen. Diese Taktik ist uebrigens nichts, was sie in ihrer Kanzlerschaft gelernt hat, viel mehr ist es die konsequente Fortsetzung ihres bisherigen politischen Handelns (oder Nicht-Handelns): Immer schoen das Faehnchen nach dem Wind richten. In einer Zeit der Krise ist sie definitiv nicht die Person, die wir an der Spitze der Regierung brauchen. ... Ursula von der Leyen, Ministerin fuer Kindesmissbrauch, Studien- faelschung und Netzzensur, machte anfangs nur ob ihrer Frisur von sich reden und verschwand danach im Nichts. Puenktlich zur Wahl ging man wieder auf Stimmenfang und brauchte ein paar positive Ergebnisse. Als die Geburtenstatistik dieses nicht hergab, log man sich ein Ergebnis herbei, das mehr genehm war. Leider brachte das nicht den Gewuenschten Effekt und so musste Zensursula zur ultimativen Waffe greifen: Kampf gegen Kinder- pornografie im Internet; wer kann da schon was dagegen sagen? Nun, dass Politiker gerne mit Nebelkerzen um sich werfen ist klar, aber meistens machen sie nichts weiter kaputt, doch hier hat sich die Ministerin ein Gesetz gegen die Stimmen aller Experten durchgeboxt, dass kein Kind schuetzt und stattdessen einen unabsehbaren Kollateralschaden verursacht. Schon jetzt stehen die Interessenten fuer weitere Zensurthemen Schlange: Raubkopien, politische Gegner, Gluecksspiel, Killerspiele - all das koennte man doch per Stoppschild blocken. Kleines Detail am Rande: Zensursula legt ihr Fahrtenbuch nicht offen, Begruendung: Datenschutz. Man ist das widerlich. ... Karl-Theodor [...] Freiherr von und zu Guttenberg ist der ueberall gelobte Sunnyboy der CSU und wirbt auch ausserhalb Bayerns auf Plakaten fuer Stimmen, dann natuerlich im Namen der CDU. Interessant ist, dass er sich bereits so grosser Beliebtheit erfreut, hatte er doch kaum Zeit wirklich etwas zu bewirken - im Guten und im Schlechten - und war eigentlich nur als Interimsminister gedacht. Hoch anrechnen muss ich ihm die Tatsache, dass er bei Opel das Wort "Insolvenz" nicht ausgeklammert hat. Insolvenz klingt zwar immer furchtbar, ist aber durchaus positiv zu sehen. Es bedeutet ja nicht, dass das Unternehmen gescheitert ist, Filletstuecke verkauft und alle Arbeitsplaetze verloren gehen, sondern dass man einen Externen dazu nimmt, der versucht das meiste zu retten. Negativ hat er sich mit der Zensurbefuerwortung hervorgetan. Es bleibt abzuwarten, wie er sich entwickelt. ... Wolfgang Bosbach ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU und passt auch thematisch gut zur CDU: Laut ihm hat niemand das Recht, unerkannt durch eine Stadt zu gehen; Internetzensur ist noetig, nich tnur fuer Kinderpornografie, sondern auch fuer Killerspille, deren Herstellung er verbieten lassen will, ebenso wie Paintball-Spiele. ... Hans-Peter Uhl ist ein weiterer Widerling aus der Kaderschmiede der CSU. Logischerweise ist auch er fuer ein Killerspiel-Verbot und will bei der Netzzensur von China lernen. Er bezeichnet sich selbst als "obrigkeitsstaatlich" und wuerde gern auch Jugendliche unter 16 Jahren totalueberwachen, um angehende Terroristen besser kontrollieren zu koennen. Auch Geschichts- stunden gibt der Herr Uhl sehr gerne und wird dabei nicht muede zu erzaehlen, dass auch den Deutschen im Zweiten Weltkrieg Leid widerfahren ist. Das stimmt und es ist legitim es zu sagen, aber beim Herr Uhl klingt es jedes mal doch sehr nach Ausrede, Ver- klaerung und Relativierung. Der CCC ist laut Uhl ein Haufen von "Pseudo-Computerexpteren" und "moralisch verkommen". Er revidierte diese Aussagen zwar, aber ich bin mir sicher, dass er es genau so meinte, wie er es gesagt hat. SPD --- Die Sozialdemokraten waren seit jeher - und das nicht nur in der Zeit der Bundesrepublik - die Partei, die nicht nur behutsam den Status Quo veraenderte, sondern falls noetig auch vor tiefgreifenden Reformen nicht zurueckschreckte. Zuletzt bewies sie in der Agenda 2010 das richtige Gespuer. UEber Gerhard Schroeder kann man geteilter Meinung sein, und auch - bzw. gerade - die Agenda 2010 hat viel Probleme erst geschaffen, doch was man hoch anrechnen muss ist die Erkenntnis, dass massive Reformen noetig sind, und der Wille, diese anzupacken. Ob es jetzt der grosse Wurf war, wage allerdings auch ich zu bezweifeln. Die Gegenwart sieht leider sehr traurig aus, denn momentan ist die SPD nur Erfuellungsgehilfe fuer die CDU. Ab und zu hat sie gute Ideen, laesst sich aber immer wieder von der CDU ueber den Tisch ziehen. Zurecht hat sie den zweifelhaften Titel der "einzigen Partei, die selbst im Liegen umfallen kann" und auch die Umfragewerte sprechen eine eindeutige Sprache. Wenn sich die SPD retten will, dann muss sie deutlich an Profil gewinnen und auch mal den Mut haben, gegen die CDU (falls es erneut zu einer grossen Koalition kommen sollte) ihre Werte zu vertreten. Eine deutlich linkere SPD ist absolut wuenschenswert, da dies zum einen eine staerkere Trennung zwischen SPD und CDU erlauben wuerden und zum anderen die Linkspartei deutlich schwaechen koennte (siehe unten). Besonders im Gedaechtnis sind mir folgenden Politiker geblieben... ... Thorsten Schaefer-Guembel ist der derzeitige Chef der Hessen-SPD und war eigentlich nur eine Notstandsbesetzung nachdem sich Ypsilanti total blamiert hatte. Sein groesstes Problem ist, dass er kaum in der OEffentlichkeit praesent ist/war, was wohl der Tatsache geschuldet ist, dass er eigentlich nie fuer das Amt vorgesehen war. Positiv war unter anderem sein offener Brief an die Parteispitze der SPD, indem er gegen Internetzensur eintritt. ... Peer Steinbrueck wird wohl hart damit zu kaempfen haben, dass die derzeitige Krise ein riesiges Loch in den Haushalt gerissen hat und der Schuldenberg fast ins unermessliche gestiegen ist; beides Ereignisse, die er nicht direkt zu verantworten hat. Denn klammert man die Krise mal aus, hat er einen erstaunlich guten Job als Finanzminister gemacht und ich wuerde es ihm auch zutrauen Deutschland ein ganzes Stueckchen naeher an die Nullverschuldung zu fuehren. Negativ Punkte bekommt er von mir fuer die Einfuehrung der lebenslangen, eindeutigen Steueridentifikationsnummer. ... Ulla Schmidt ist aufgrund der Dienstwagenaffaere deutlich ab- gestuerzt in der Waehlergunst. Gut so, aber eigentlich der falsche Grund. Zwar finde ich auch, dass jemand jeglicher Menschenverstand fehlt, wenn man in den Urlaub fliegt und dann einen Dienstwagen nachkommen laesst, aber anscheinend war das rechtlich in Ordnung. Der Punkt, den die gute Ulla aber total verbockt hat, ist die Gesundheitsreform und insbesondere die elektronische Krankenkarte: Datenschutzrechtlich sehr bedenklich und die beteiligten Unternehmen fahren das Projekt gekonnt gegen die Wand. Fazit: Braucht man nicht, Kostet zu viel, kein Datenschutz moeglich, will man einfach nicht. ... Frank-Walter Steinmeier hat schon bei der Agenda 2010 mit- gearbeitet und macht auch als Aussenminister eine verhalten positive Arbeit. Trotzdem faellt es mir schwer mir eine Meinung ueber ihn zu bilden, aber lieber er als weitere vier Jahre Merkel als Kanzler... ... Dieter Wiefelspuetz ist der derzeitige innenpolitische Sprecher der SPD und ein richtiger Widerling: Er will "sexuelle Auffaelligkeiten" in der Anti-Terror-Datei speichern, findet, dass die Vorratsdatenspeicherung auch dann notwendig waere, wenn es keinen Terrorismus gibt und ist ein klarer Befuerworter der Online-Durchsuchung. Weiterhin findet er nichts dabei, die Bundeswehr im Inneren einzusetzen und Mautdaten fuer Fahndungen zu nutzen. Internetsperren sind sowieso schon lange ueberfaellig, Paintball haelt er fuer sittenwidrig; ein echter Schaeuble also. FDP --- Ohje, die FDP. Frueher mal als Partei der Buergerrechte bekannt und mit wahrhaft liberalen Ansichten gestartet, ist in den letzten Jahren total verkommen. Kuschelkurs mit der CDU, Spasswalhkampf und kein wirkliche schluessiges Konzept. Auch wenn ich mich immer als Liberale gesehen habe, so ist die FDP zumindest auf Bundesebene absolut keine Alternative mehr. Als sie gegen das Zensurgesetz stimmt, schoepfte ich neue Hoffnung, aber kurz darauf entschloss sie sich doch fuer eine Koalitionsaussage mit der CDU. Schade. Ein gerechteres und einfacheres Steuersystem trau ich der FDP weiterhin zu, aber leider werden da die Neoliberalen den Begriff "gerecht" da tonangebend definieren. Zu welchen Problemen so etwas fuehren kann, sieht man ja an der aktuellen Krisensituation. Wirklich neue Gesichter zu finden, muss man bei der FDP lange suchen. Und wie lange der Parteivorsitzende noch als pseudo- jung durchgeht ist fraglich. Wenn es keinen Nachwuchs gibt, muessen die alten Hasene ben wieder ran... ... Guido Westerwelle bezeichnet sich als "Freiheitsstatue dieser Republik", was vermuten laesst, dass er entweder das Abstimmungs- verhalten seiner Partei nicht kennt oder wieder einen Spass- wahlkampf fuehren will. Ich waere der FDP echt dankbar, wenn sie den Guido mal rauskannten wuerden, aber wahrscheinlich haben sie keinen anderen der den Job machen will. Ansonsten bloekt der Herr unqualifiziert in der Gegend rum, aber gibt nichts verlaessliches von sich. Wie er die Buergerrechte gegen eine CDU verteidigen will, weiss er auch nicht so recht. ... Silvana Koch-Mehrin ist Europaabgeordnete in der FDP und glaenzte vor allem durch Nichtanwesenheit. Ausserdem wurde sie zum einen der 14 Vizepraesidenten des Europaeischen Parlamentes gewaehlt - als letzte, mit den wenigsten Stimmen und auch nur, weil sonst ein Ultrarechter gewonnen haette. ... Max Stabler ist eine der positiven Ausnahmen, der erst vor kurzem wieder gegen die haeufigen Terrorwarnungen aus dem CDU-Lager sich zu Wort meldete. So Leute braeuchte die FDP dringend mehr, wenn sie in einer Koalition mit der CDU glaub- haftes Gegengewicht in Sicherheitsfragen sein moechte. ... Gerhart Rudolf Baum ist einer derjenigen Politiker, die offensichtliche Verfassungsbrueche bei der Gesetzgebung immer wieder vor das Bundesverfassungsgericht bringen. Auch fuer die UNO war er schon taetig. Er ist leider schon einiger Zeit nicht mehr im Bundestag, da er inzwischen stark auf die 80 zu geht. ... Burkhard Hirsch ist von aehnlichem Kaliber wie Baum und reicht gemeinsam mit diesem des oefteren Verfassungs- beschwerden ein. Er gehoert das Humanistischen Union an und steht ebenfalls kurz vor dem 80. Geburstag. ... Sabine Leutheusser-Schnarrenberger trat unter Kohl wegen des grossen Lauschangrifss zurueck und brachte einige Verfassungsbeschwerden mit auf den Weg. Gruene ------ Die Gruenen sind nachdem sie ihre radikale Anti-Militaer-Haltung aufgegeben haben zu einer echten Alternative geworden und sind - auch wenn das niemand so gern hoert geschweige denn sagt - durchaus nicht unueberbrueckbar weit von meiner einstigen gelben Heimat entfernt. Umweltschutz und weitere oekologische Themen, werden in Zukunft weiterhin an Brisanz gewinnen. Auch in der Energiepolitik sehe ich die gruene Position durchaus als brauchbar an. Zwar bin auch heute noch ein Befuerworter der Atomenergie als eine der effizientesten und saubersten Arten der Stromerzeugung, aber es war fuer mich immer klar: Die Atomenergie muss bleiben, bis wir eine bessere Moeglichkeit haben und die haben wir nun. Erneuerbare Energien sind der richtige Weg; nicht weil sie sauber sind, nein, das ist nur ein positiver und wichtiger Nebeneffekt, sondern weil wir sie vor Ort haben und Deutschland somit zu einem gewissen Grad unabhaengiger wird. Auch in Sachen Buergerrechte haben sich die Gruenen vom Grundsatz her immer als Wahlmoeglichkeit dargestellt, leider hat die Rot-Gruene-Koalition den ganzen Sicherheitswahn angezettelt. Auch heute noch, scheinen einige der Gruenen nicht ganz den Wink verstanden zu haben, wie ihr Abstimmungsverhalten beim Zensurgesetz zeigte. Trotzdem hoffe ich, dass sie sich bessern koennen. ... Renate Kuenast gehoert leider zu einem Typus Mensch, den ich absolut nicht aushalten kann und ich meine hier ausnahmsweise nicht Politiker im Allgemeinen. Viel mehr geht es um ihr herbes Auftreten und ihre quakende Art zu Reden. Hinzu kommt, dass sie von einigen als arroganter Machtmensch gesehen wird, der gerne seine Diaeten fuer sich behaelt (Anmerkung: In der Gruenen-Fraktion ist es eigentlich ueblich auf einen Teil der Diaeten zu verzichten) und dem ich persoenlich auch nicht so recht ueber den Weg traue. In vielen Dingen wirkt sie fuer mich unecht. Politisch hingegen kann ich mich nicht an tiefere Patzer erinnern, die Agrarwende war zumindest in Ansaetzen gut. Fraglich ist, ob und wie man eine wachsende Weltbevoelkerung ohne konventionelle Landwirtschaft ernaehren kann. Das ist allerdings nicht mein Fachgebiet, weshalb ich dazu nichts sagen kann. Am Ende bleibt wohl eine akzeptable Politikerin mit leichten Abzuegen in meiner persoenlichen B-Note. ... Juergen Trittin polarisiert die gruene Basis wie auch Waehler und Politiker jeglicher Couleur. Er hat feste Meinung und vertritt diese auch rigoros gegenueber anderen. Dabei vergreift er sich gelegentlich zwar im Ton und gilt bei vielen als jemand, der wenig Spielraum fuer Kompromisse laesst, aber das ist mir deutlich lieber als jemand der sein Faehnchen nach dem Wind haengt. Politisch hat er mit dem Atomausstieg ein Meisterstueck hingelegt. Wie schon erwaehnt ist dieser auf lange Sicht unvermeidbar, auch wenn ich dafuer andere Gruende anfuehre und die Atomenergie in einem deutlich anderen Licht sehe als Trittin. Der Dosenpfand ist sein zweites Grosswerk und war eher ein maessiger Erfolg. Allerdings kommt es hier auf die Sichtweise an, denn ohne Zweifel kann man sagen, dass in Deutschland nur noch ein Bruchteil dessen an Dosen verkauft wird, wie vor dem Pfand. Wenn das der Sinn war, war er erfolgreich. Politisch halte ich Trittin also fuer durchaus sehr faehig, auch wenn ich seine Meinung nicht in allen Faellen teile. ... Hans Christian Stroebele ist derzeit stellvertretender Fraktions- vorsitzender der Gruenen. Sein Eintreten fuer Buergerrechte und das wehemente Verteidigen seiner Meinung sind deutliche Plus- punkte. Auch ist es ganz gut so, dass er gerne Mal etwas andere Ideen hat und Diskussionen mit komplett anderen Ansaetzen bereichert. Er ist nunmal ein Querdenker und passt sich nicht so schnell an. Auch wenn dieses Querdenken eigentlich etwas positives ist, so hat er sich schon einige derbe Schnitzer geleistet, wobei man sich immer fragen muss, was er eigentlich bezwecken will: Ging es ihm um die Einfuehrung muslimischer Feiertage? Oder wollte er auf die vielen christlichen Feiertage hinweisen, die eigentlich nichts in einem von der Kirche getrennten Staat zu suchen haben? Ich bin ihm fuer viele seiner Ansaetze dankbar, weil sie einen dazu ermutigen, auch mal eine andere Seite zu sehen, aber es ist klar, dass ich inhaltlich haeufig nicht mit ihm uebereinstimme. Linke ----- Die Linke hat ein Problem, dass weniger mit ihrer politischen Aus- richtung, als mit ihrer Vergangenheit zu tun hat. Als SED- Nachfolgepartei ist sie einfach nicht waehlbar. Leider schwappt gerade eine Ostalgie-Welle durchs Land und die positive Verklaerung der DDR steigt von Jahr zu Jahr. Ich hatte Verwandte und Bekannte "drueben" und daher nehme ich mir die Freiheit zu sagen, was viel zu wenige wahrhaben wollen: Die DDR war nicht cool, sie war ein Unrechtsregime und ist nichts was wir jemals wieder haben wollen. Ich sage nicht, dass die BRD der beste Staat der Welt ist, aber selbst jetzt mit der ganzen UEberwachungsmanie ist die BRD noch ein ganzes Stueck von der ehemaligen DDR entfernt. Laesst man die historische Sichtweise mal weg, scheint der realistische Fluegel der Linken durchaus gute Ideen zu haben, doch ein wirkliches Konzept fehlt ihnen; insbesondere, weil sie den Himmel auf Erden versprechen und bis auf die Reichensteuer (welche langfristig nicht ausreichen wuerde) keine Finanzierungsplaene aufweisen koennen. In der Opposition tun sie Deutschland in gewissem Masse gut, aber man sollte sich davor hueten, den Versprechungen allzu viel Glauben zu schenken. Selbst ihr Fraktionsvorsitzender nennt es beim Namen, sinngemaess sagte er, dass man die Linke waehlt, um ein Zeichen an die anderen Parteien zu setzen, damit diese sozialer werden. Wo wir gerade bei Persoenlichkeiten der Linken sind... ... Gregor Gysi wird von vielen fuer kompetent gehalten, ich erlaube mir einfach mal kein weiteres Urteil als das, was ich ueber die Linke selbst sagen kann. Wenn sie aufhoeren wuerden, Luftschloesser zu bauen und ein trag- und bezahlbares Konzept vorlegen koennten, anstatt nur hohle Versprechungen zu machen, wuerden sie in die Naehe des Waehlbaren kommen. Problem von Gysi ist auch das der Linken. Seine SED- und (moegliche) StaSi-Vergangenheit machen ihn zu einem politischen No-Go. ... Oskar Lafontaine ist eine Person, die mir von tiefsten Herzen unsympathisch ist. Wie ich es hasse, wenn er wohlgenaehrt (Arbeiterrevolten waren uebrigens frueher meist von einem buergerlichen gelenkt, da nur diese die Zeit und das Geld hatten, sich ueber so etwas Gedanken zu machen) in Talkshows sitzt und "Reichtum fuer alle" fordert und zwei Saetze weiter von "Reiche besteuern" redet. Bin ich der einzige, der sich die Frage stellt, wenn das ganze dann trifft? Zudem war es er, der 1999 kurz nach der Wahl das Handtuch geworfen hat, als er merkte, dass er kein Konzept hat, die Finanzen in Ordnung zu bringen. Allerdings muss man sagen, dass ich inzwischen das sogar als positiv sehe, denn welcher Politiker hat denn heute noch den Mumm Fehler zuzugeben? Wer wuerde denn freiwillig auf vier Jahre Macht und Geld verzichten, wenn er weiss, dass er nicht der richtige Mann fuer die Sache ist (Linke duerfen hier "wenn er weiss, dass er seine Ideale verraten muesste" lesen)? Da fallen einem nicht allzu viele Politiker ein. Auch hat Lafontaine mit vielem, was er sagte Recht behalten, was allerdings auch keine grosse Kunst ist: Wenn man in der Opposition ist und nicht handeln muss, kann man immer mal dagegen schreien und spaeter sagen, man haette das gewusst; die Kunst ist jedoch, konstruktive Vorschlaege zu machen und zu handeln. Piraten ------- Die Piraten sind noch relativ neu auf der politischen Buehne, was zu einer positiven Grundhaltung fuehrt: Sie hatten einfach noch nicht soviel Zeit Fehler zu machen, haben sich aber zumindest organisatorisch auch schon den ein oder anderen Fehler geleistet. Man merkt, dass viele von ihnen nicht aus der Politik stammen, was aber in einer Zeit der Entfremdung von Politik und Bevoelkerung nicht das schlechteste sein muss. Politisch decken sie zwar nur einen kleinen Teilbereich ab, aber der ist trotzdem groesser als ein plumpes (und falsches) "fuer Raubkopien". Fakt ist, dass das derzeitige Patentrecht im Zuge einer zunehmend hochtechnisierten und computerisierten Welt mehr und mehr Probleme bereitet. Patente auf Lebewesen oder Gene? Nein Danke. Das Problem bei Patenten ist, dass sie durchaus (teils triviale) oeffentliche Gueter nehmen und privatisieren. Das ganze war als Schutz des Erfinders vor Plagiaten gedacht. Man wollte ihn schuetzen, damit er von seiner Erfindung leben und weiter forschen konnte. Doch Patente schuetzen nicht den Fortschritt in der Forschung, sondern sorgten sogar fuer Stillstand auf dem jeweiligen Gebiet. Wenn man von einem Patent gut leben kann, wozu dann etwas neues erfinden? Auch das Urheberrecht bedarf einer UEberarbeitung. Eigentlich zum Schutz des Urhebers gedacht, dient es heute als Goldesel fuer Verwertungsfirmen, die Veraenderungen scheuen und noch nicht in der heutigen Welt angekommen sind. Insbesondere sollten vom Staat bzw. den Buergern finanzierte Werke nicht einem Unternehmen gehoeren, sondern frei zugaenglich sein. Weitere Themen der Piraten umfassen Transparenz-Richtlinien fuer den Staat, Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es ist wichtig, dass diese Themen staerker im Bundestag thematisiert werden, so dass eine grosse Anzahl von Piraten im Bundestags begruessenswert ist. Die Angst vor den etablierten Parteien vor den Piraten ist gross und mit der Zeit werden sich auch in diesen Parteien piratenaehnliche Politiker herausbilden. Die grosse Frage wird sein, ob sich die Piraten aehnlich wie die Gruenen, die auch in einer politischen Nische entstanden, laengerfristig als Partei behaupten koennen (hierfuer spricht, dass z.B. Herbert Rusche, seines Zeichens Gruendungsmitglied der Gruenen, inzwischen zur Piratenpartei gewechselt ist und dies mit "Was die Gruenen in den 70er und 80er Jahren waren, sind die Piraten heute" kommentierte) oder ob nach und nach die bisherigen Parteien die Themen aufgreifen und die Piraten ueberfluessig machen. In jedem Fall werden sie grosse Auswirkungen auf das politische Themensprektrum haben. ... Joerg Tauss ist durch den Austritt aus der SPD und spaeteren Beitritt zu den Piraten derzeit der erste und einzige Bundestags- abgeordnete der Piratenpartei. Schon in seiner SPD-Zeit hat er sich massivst fuer die oben genannten Themen eingesetzt, konnte aber nach dem Zensurgesetz die derzeitige Linie der SPD nicht mehr mittragen. Trotzdem hat er noch grosse UEbereinstimmungen mit der Ausrichtung der SPD. Aufgrund von Ermittlungen wegen des Verdachts des Besitzes von kinderpornographischen Schriften verlor er seine Immunitaet und trat von allen AEmtern zurueck. Es ist also fraglich, ob sich die Piratenpartei einen Gefallen mit ihm getan hat, aber solange er nicht verurteilt ist, ist er unschuldig. Thematisch und politisch ist er allerdings ein durchaus brauchbarer Mann. Ich hoffe, dass mich niemand ernst nimmt und mir alles glaubt, was ich hier schreibe, nur weil ich nun fast schon die sechste DIN A4 Seite voll schreibe. Wie eingangs erwaehnt, habe ich nichts genauer recherchiert, also verzeiht mir etwaige Ungenauigkeiten oder Fehler. Wenn ihr euch die Muehe gemacht habt, alles oder einiges zu lesen und auch euch selbst aus anderen Quellen dazu gesucht habt und nun eine eigene Meinung habt, dann ist mein Ziel eigentlich erreicht. Auch wenn ich in dem ganzen Text kein einzigen Beleg genannt habe und Verweise und Links auch voellig unterschlagen habe, moechte ich euch einige Links zum Thema Piratenpartei mit auf den Weg geben. Der Grund dafuer ist nicht meine Zuneigung zu gewissen Zielen der Piraten, sondern die Tatsache, dass die Piraten relativ neu sind und man noch nicht genau weiss, wofuer sie stehen. Wer mehr erfahren will (und das sollten alle meiner Leser sein), sollte folgende Verweise beachten: [1] http://www.tagesspiegel.de/kultur/pop/Musikpiraten-Musikindustrie-Internet-Urheberrecht;art971,2857452 [2] http://futurezone.orf.at/stories/1620904/