From: Boris Kraut Date: Tue, 02 Feb 2010 17:05:40 +0000 Category: Sender: Message-ID: <20100202170540.Vv4yd0@silberbruch> References: Keywords: Comments: To: undisclosed-recipients: ; Subject: LearnTec 2010 Jeden Tag eine gute Tat, so heisst es. Also bin ich heute trotz innerer Ablehnung doch auf die LearnTec gegangen, was aber noch nicht die gute Tat war. Die Messe selbst war so wie ich sie erwartet habe, irgendwo zwischen "braucht man das wirklich?", "belanglos" und "in Ansaetzen interessant" - dafuer aber nochmal 17 Euro auszugeben, waere zu viel verlangt. Irgendwie scheint das "Learn" im Namen nur noch laestiges Beiwerk zu sein, damit man gammlige "Tec" verkaufen kann. Gewinner sind vorallem die Wirtschaft, weil das ganze wohl ein lukrativer Markt ist und die Politik, weil sie mal wieder so tut, als wuerde sie den "Bildungsstandort Deutschland" allein durch Aktionismus und medienwirksame Auftritte retten. Aber ich wollte ja eigentlich etwas zu meiner guten Tat schreiben. Ich schlenderte - zu weilen zwaengte ich mich - so durch das Messegelaende und hoerte im Vorbeigehen ein Gespraech mit. Tja, wie sooft konnte ich mein Maul nicht halten und gab einen Kommentar ab. Der Aussteller hatte Glueck, denn es traf den Besucher, der bei einem "privaten Bildungs- unternehmen" arbeitete. KOTZ. Bildungsunternehmen! Wie kann man nur? Ich meine es waere lobenswert, wenn man mal etwas fuer die Bildung "unternehmen" wuerde, aber hier war das Wort in seiner wirtschaftlich- rechtlichen Bedeutung gemeint. Ich habe mich also laut darueber ausgelassen, dass der Herr wohl eher "Wissensvermittler" oder - meiner Meinung noch passender - "Fachkenntnis- verkaeufer" meinte, dass das was er tut, nichts mit Bildung zu tun haette, und dass Bildung zwar oft teuer sei, man sie aber nicht "kaufen" koennte. Da mich sowohl der Aussteller als auch der Besucher recht irritiert an- schauten, aber sonst keine Laute von sich gaben, habe ich noch ein paar Takte zu frei zugaenglichem Wissen erzaehlt und habe mich dann getrollt. Schade, dass die Gegenseite so wenig Interesse an einer Diskussion hatte, waere sicher lustig geworden. Ein paar Schritte weiter wurde ich von zwei Damen - offensichtlich Lehrerinnen - angesprochen, dass sie mein Gespraech begeistert mitbekommen haetten und das ganz toll faenden, dass die Jugend *blush* so stark zwischen Bildung und Wissen differenziere und das auch so klar sage. Das war Balsam fuer die Seele, sowohl das Lob ansich, als auch noch als "die Jugend" zu gelten. Etwas positiver gestimmt beschloss ich dann, auf dieser Messe keinen weiteres Streitgespraech vom Zaun zu brechen und begab mich auf den Heimweg. Anmerkung: Nein, ich habe nichts gegen private Lernangebote, ueberhaupt nicht. Kurse zu belegen kann ein Teil zur Bildung beitragen, aber man kann Bildung nicht einfach kaufen. Es ist nicht so, dass ich Betrag X an ein Unternehmen gebe, Kurse besuche und dann im Gegenzug gebildet werde. Zum einen wird man nicht gebildet, sondern bildet sich selbst, zum anderen ist Bildung ein lebenslanger Prozess und nicht etwas, das man nach einem oder mehreren Kursen irgendwann abschliessend erreicht.