From: Boris Kraut Organization: Date: Tue, 18 Jan 2011 01:06:00 +0100 Category: Message-ID: <20110118000600.f18Wya@silberbruch> Keywords: Comments: To: undisclosed-recipients: ; Subject: Kommunikation (2) Ich komme in letzter Zeit nicht mehr ganz so haeufig dazu, hier ein wenig zu schreiben, da ich mich momentan mal wieder auf die Pruefungszeit vorbereite. Wenn ich mal etwas Abstand vom Lernen brauche, beschaeftige ich mich immer noch mit dem grossen Haupt- thema "Kommunikation". Hier einige -- nun wirklich technische -- Gedanken: Ein Kernstueck der Unix-Philosophie ist, dass jedes Programm eine Sache erledigen soll, die dann aber besonders gut. Einige mag es daher verwundern, dass ich schon seit einiger Zeit meine Feeds in meinem Mailclient lese. Was sich auf den ersten Blick beisst, ergibt auf den zweiten doch einen gewissen Sinn, denn die Aufgabe, die mein MUA erfuellt ist "Nachrichten anzeigen und ggf. an weitere Programme weitergeben" --- und Nachrichten haben sich in der letzten Zeit nicht wirklich geandert: == eMail == From: me To: you Date: Mon, 10 Jan 2011 12:40:57 +0000 Message-ID: <0C531FED0F13F14@foo.bar.local> Subject: Foobar Hier steht eine Nachricht. == Atom == John Doe Atom-Powered Robots Run Amok urn:uuid:1225c695-cfb8-4ebb-aaaa-80da344efa6a 2003-12-13T18:30:02Z Some text. Auch wenn ich hier nicht ganz konform mit dem RFC gehe, erkennt man doch, dass die eigentliche Information die selbe ist. Bei Feeds kennt man noch einige weitere Elemente, die potentiell mehr Informationen bieten koennen, dabei wird aber oft vergessen, dass auch die normale Mail sehr viele Header-Felder kennt, die leider kaum noch genutzt werden -- und man hat immer noch die Moeglichkeit, eigene Header-Informationen anzufuegen. Prinzipiell hat sich also an der eigentlichen Nachricht nichts geaendert (ja, bei allen Formaten gibt es sicherlich Spezial- faelle, die nur im jeweiligen Format moeglich sind, aber diese sind in der freien Wildbahn nicht haeufig und kommen in meiner alltaeglichen Anwendung nicht vor) getan, nur die Form hat sich geaendert. Auch wenn man noch drei weitere Beispiele betrachtet, erkennt man, dass alle diese Formate den selben Inhalt trans- portieren und man eigentlich jedes in eins der anderen ueber- fuehren koennte: == XMPP == Art thou not Romeo, and a Montague? == IRC == PRIVMSG #testchannel Inhalt == TALK == Message from root@myhost.local on pts/3 at 00:23 ... Inhalt Ich treffe hier wie gesagt noch keine Aussage darueber, welches Protokoll nun besser ist, mir geht es prinzipiell erstmal um den Infromationsgehalt einer Nachricht in den verschiedenen Formaten, der nahezu gleich ist. Von daher scheint es mir doch eine Ueberlegung wert zu sein, ob man das nicht etwas zusammen- fuehren koennte und wenn ja, in welchem Format. Ein sehr populaeres Beispiel ist ein Format, das zwar selbst standardisiert ist, aber im Gegensatz zu den vorherigen weniger Aussagen ueber den Inhalt trifft: HTML. Webdienste wie Twitter, Foren oder soziale Netzwerke sind nicht ohne Grund so populaer und das Web hat ja schon gezeigt, dass es durchaus Mails oder News -- letzteres hier straeflicherweise vernachlaessigt -- ebenfalls adequat darstellen kann. Auch wenn der Einsatz von Webtechnologien eigentlich nicht so sehr zu meiner bisherigen Haltung passen mag und ich das immer noch sehr kritisch sehe, ist es wert, den Gedanken mal etwas weiter zu spinnen. Wie waere es, wenn man von aussen alle gewuenschten Formate entgegennimmt, aufbereitet und auf einem "Unified User Interface" in Form einer Website ausgibt? Diese Website muesste natuerlich auch von einem Textbrowser bedienbar sein und um wirklich nuetzlich zu sein, muesste man einen einfachen Weg fuer Antworten finden, aber das ist ja durchaus machbar, und es wurde schon gemacht... ... so nutzt Google intern wohl ein voellig anderes System, auch wenn sie nach aussen XMPP, SMTP oder IMAP sprechen. Auch gibt es mit PSYC [1] ein Projekt, dass eine Vielzahl von Gateways anbietet, weil sie erkannt haben, dass es besser ist den Usern den Umstieg so einfach wie moeglicht zu machen. Der User will erstmal das weiterhin einsetzen, was er gewohnt ist: Mail, IRC, XMPP, was auch immer. Dabei ist es im egal, was unter der Haube nun tatsaechlich gesprochen wird. Ich schweife ein wenig in die Protokoll-Ebene ab, aber ich wollte ja Eigentlich noch ein paar Worte ueber das Interface verlieren. Prinzipiell gefaellt mir hier das Layout von Soup [2] schon sehr gut und hier sieht man auch, wie unterschiedliche Inhalte zusammenfuehren kann. Auch Twitter ist in diesem Punkt nicht schlecht. Ich selbst habe schon ein ungefaehres Design vor Augen und habe einfach mal erste Tests mit XHTML5 gemacht. XHTML5 bietet mir zum einen sehr nette Tags, die ich bisher vermisst habe -- so z.B. 'article' oder 'figure' -- aber auch die Moeglichkeit unkompliziert ander XML-Formate wie Atom oder XMPP einzufuegen. Eigentlich. Waehrend Atom relativ problemlos funktioniert, klappt das bei XMPP erstmal gar nicht und mir wurde klar, warum ich XML nicht mag. Bei XMPP sehr stoerend war, dass es sich in der Praxis einen Dreck um Namespaces kuemmert und dass es KEIN XML ist. Was? Ja! XMPP nutzt zwar eine sehr grosse Teil- menge von XML, aber sehr strickte Standardwerkzeuge fuer XML funktionieren nicht. Schluckauf gab es bspw. bei XML-Kommentaren im Stream oder bei nicht escapten ">" -- das ist zwar eklig, aber XML erlaubt diese Zeichen! Momentan bin ich von der ganzen Sache derart angewidert und genervt, dass ich da nicht weiter dran arbeiten werde (das haette mir in der Klausurzeit gerade noch gefehlt), aber die Idee hat schon etwas. Eventuell kann man eine von den bereits vorhandenen System-Nachrichten-Diensten dafuer verwenden, aber dann Artet das ganze noch mehr aus und ich muss mich genau mit dem Zeugs auseinander setzen, dass mir immer wieder zeigt, wie schlecht die ganze Computer-Welt ist. Seufz. Aber eventuell wuerden die "normalen" Nutzer so etwas lieber nutzen? Vielleicht waere es ein Schritt, um der schleichenden "Proprietarisation of Communication" [3] entgegen zu wirken? > I'm talking about the messaging systems built into sites like > Facebook and LinkedIn. On several occasions recently, friends > have chosen to get back in touch with me via one of these rather > than by email. Another friend recently finished a conversation > with a third party by saying "Facebook me"; when I asked her > why she didn't just use email, she said "Oh, Facebook is so > much easier". > > [...] > > But this is, nevertheless, a bad trend. It would be terrible > if email were to descend into something like the multiple > incompatible domains [Anmerkung: We have been there! Schonmal > was von AOL gehoert?] that afflict instant messaging - the > heroic efforts of gateway providers and multi-protocol clients > notwithstanding. Will we one day need accounts on every social > website in order to stay in touch? Will someone need to write > a Facebook/MySpace mail gateway? > > [...] > > Making real email easier to use is a first step. Mit diesem Schlusswort moechte ich mich fuer heute verabschieden, die Idee an sich ist nicht gestorben, aber es wird wohl am Ende zu ein paar XMPP-und-Atom-zu-Mail-Scripts hinauslaufen. Wobei ich mich bei einigen meiner Artikel schon ueber mehr Moeglichkeiten aus dem HTML5-Baukasten freuen wuerde... Seufz. Es bleibt also spannend. Nichts ist entschieden. [1] http://www.psyc.eu/ [2] http://www.soup.io/ [3] http://weblogs.mozillazine.org/gerv/archives/2007/06/the_proprietarisation_of_email.html