From: Boris Kraut Organization: Date: Tue, 23 Aug 2011 11:23:11 +0200 Category: Message-ID: <20110823092311.rUaLCw@silberbruch> Keywords: Comments: To: undisclosed-recipients: ; Subject: Aufbrechen von Denkblockaden Ich lese gerade wieder viel wirtschaftliche und politische Schriften und bin immer wieder verwundert: Da schreiben diese klugen, studierten und hochbezahlten Experten Dinge und Folgerungen, die ich bisher eigentlich jedem mit ein wenig gesundem Menschenverstand zugetraut habe. Auch wenn dieser Ausbruch von Vernunft natuerlich begruessens- wert ist -- und es zu hoffen, dass er auch an entscheidender [sic!] Stelle auftreten wird -- war es doch befremdlich jeweils die Namen der Autoren zu lesen, da ich viele davon in ganz anderen Kontexten eingeordnet hatte. Vielleicht ist es einfach eine Folge von auseinanderklaffender Vor- stellung und Wirklichkeit: Viele Menschen sind sehr outputorientiert, und wenn eben das Ergebnis stimmt, ist es schwer zu sehen, ob es sich dabei um eine Folge der Entscheidungen handelt, oder ob es evtl. Zu- fall war, aber selbst ein gutes Ergebnis als direkte Folge sagt noch nichts ueber die Richtigkeit der Idee/Handlung aus. Beginnen nun die erwarteten Ergebnisse auszubleiben, ist man erstmal in seiner Denke gefangen (es hat ja schonmal funktionoiert), beharrt in einem Anfall von kognitiver Dissonanz auf seinem Standpunkt und geraet auch leicht in die Denke, dass "mehr vom selben" die Loesung ist. Eine kritische Analyse der Situation und der vorrausgesetzten Annahmen fehlt meist. Erst in einem dritten Schritt schafft man es dann wirklich sich von dem Ballast fruehrer Annahmen, von Ideologien, von vermeintlichem Wissen zu loesen und die Situation grundlegend neu zu denken. Kommt man dann zu fundamental anderen Ergebnissen, benoetigte es noch eine ganze Weile, bis man sich selbst davon ueberzeugt hat, dass diese wohl stimmen/richtig sind.