From: Boris Kraut Organization: Date: Tue, 29 Nov 2011 21:54:27 +0100 Category: Message-ID: <20111129205427.5djVpA@silberbruch> Keywords: Comments: To: undisclosed-recipients: ; Subject: Selbstverstaendnis von Politikern Nur ein ganz kurzer Aspekt, der in der Staatstrojaner-Debatte haeufiger anklang, es hier auf einige Fresszetterl, aber nie in Gaenze zu einem eigenen Beitrag hier verwertet wurde. Das ganze passt zu den "Vertrauen in den Staat"-Argumenten, ist aber ne leicht andere Sache. Es geht um das Selbstverstaendnis der Politikern, insbesondere der an der Exekutive beteiligten: > Die Bundesregierung handele ganz grundsaetzlich immer auf > Basis von Recht und Gesetz, betonte Seibert. Was der Sprecher Seibert da wohl sagen wollte ist, dass man in der Regierung selbstverstaendlich darauf bedacht ist, nicht gegen geltendes (Grund-) Recht zu verstossen. Was bei mir an- kam war aber: Die Regierung handelt auf der Basis des Gesetzes, weil sie die Regierung ist. Das Gesetz, das sind wir -- frei nach Louis XIV. Das ist doch eine zu tiefst verstoerende und undemokratische Ansicht. Mag ein Ausrutscher sein, ich schreib ja, dass ich das evtl. falsch verstanden haben mag. Aber der Herr Friedrich legt da auch was vor: > Das Vertrauen der Buerger in staatliches Handeln ist die Grund- > lage fuer das Funktionieren unseres Staates. Klingt erstmal gut, aber eingedenk meiner frueheren Anmerkungen zum "Vertrauen" laesst auch dieser Satz zweifeln. Zum einen er- innert das mich sehr an die Forderung nach Vertrauen im Vorraus in Hoffnung auf ein Paradise, die ja auch im Dritten Reich sehr gut funktioniert hat (vgl. "Gebt mir [n] Jahre Zeit,.."), zum anderen ist es in einer so schweren Vertrauenskrise eine Frech- heit der Bevoelkerung zu sagen: "Hey, euer Vertrauen ist fuer unser Funktionieren unabdingbar. Wenn ihr uns nicht vertraut, dann seid IHR Schuld, wenn der Staat nicht funktioniert." Damit wird der Entzug des Vertrauens aufgrund des Nicht-Funktionierens zu einem Entzug des Funktionierens aufgrund von Misstrauen; hier werden Ursache und Wirkung vertauscht! Eine weitere Frechheit war der Verweis auf nicht vorhandene Rechts- grundlagen: Die Bundesjustitzministerin sei ja selbst schuld daran, dass widerrechtlich abgehoert wurde, weil sie ja nicht fuer die Rechtsgrundlage gesorgt haette. Wie krank ist das? Weder erlaesst irgendein Minister Gesetze, noch sind Gesetze dafuer da, rechts- widriges Handeln zu legitimieren. Das alles zeigt, dass die fuehrenden Koepfe unseres Landes ein extrem verschobenes Selbst- und Staatsbild haben. Ich hatte noch ein paar Textstellen mehr, die aber aehnlich "seicht" sind. Die ausgewaehlten sind auch alles, was man so oder so deuten kann, aber in der Summe hatte ich beim Lesen schon ein leichtes Krampfen in der Magengegend... PS: Warum sind die Leute eigentlich immer noch in Amt und Wuerden?