From: Boris Kraut Organization: Date: Wed, 29 Aug 2012 22:47:20 +0200 Category: Message-ID: <20120829204720.NQP0A7@silberbruch> Keywords: Comments: To: undisclosed-recipients: ; Subject: Tablets und Smartphones -- enttaeuschte Zukunftstraeume Wie toll haette die Zukunft doch sein koennen: Ein freies Betriebs- system, eine andere (bessere?) Architektur -- leistungsstark, akku- schonend und dazu noch luefterlos kuehlbar. Und wo sind wir jetzt? Was ein Trugschluss! Das grosse Problem des Smartphone- und Tablet- Marktes ist, das wir vom x86-Oekosystem sehr verwoehnt wurden. Nicht falsch verstehen, denn x86 war schon immer Flickwerk, nicht schoen, nicht effizient, aber es war billig und hat funktioniert. Und gerade fuer das Funktionieren war ein Faktor wichtig: Halbwegs akzeptable und akzeptierte Standards, die dafuer sorgten, dass man kaputte oder veraltete Teile austauschen konnte -- und das auch (mal mehr, mal weniger) herstelleruebergreifend. Und was die Hardware vormachte, das war auch bei der Software gang und gebe. Software muss gewartet, muss aktualisiert und -- wo die vorgefertigten Programme nicht die Qualitaet und Features bieten, die man will -- muss ausgetauscht werden bzw. muss werden koennen/duerfen. Doch diese Vorzuege werden immer weiter abgeschafft. Im Zuge der Miniaturisierung findet immer mehr Hardware auf der Hauptplatine Platz, Steckplaetze werden nicht benoetigt. Computersockel werden ab und an zwangslos durch neue, inkompatible ausgetauscht, um den Verkauf anzukurbeln. Und immer mal wieder versuchen die groesseren IT-Konzerne die Freiheit bei der Softwarewahl einzuschraenken: Mal darf es keine Alternativen geben -- es reicht ja eine Software von jeder Art -- mal darf man nicht mal eigene Software laufen lassen. Es wird enger und enger, denn die meisten Anwender sehen diese Entwicklung auch nicht negativ; ihnen reicht, was sie vorgesetzt bekommen, sie wissen nicht, wozu Rechner wirklich in der Lage waeren, ihre Beduerfnisse werden von der Software vorgegeben, die sie kennen. Doch alles in allem geht es "uns Nerds" in der x86-Welt noch sehr gut, doch bei den ARM-Smartphones und -Tablets -- bzw. wenn sich Microsoft durchsetzt auch auf den x86-Varianten -- sieht es anders aus: Austauschbare Komponenten sind in dieser Welt nicht vorgesehen, weder auf Hardwareseite, noch bei der Software. Der Bootloader ist verplombt, die Treiber bzw. Firmware nicht frei nutzbar und nur mit viel Aufwand zu extrahieren. Eigene Software laesst sich nur bedingt installieren, die vorinstallierten Apps dagegen lassen sich nicht komplett entfernen. Man ist nicht mehr Herr im Haus, muss sein Geraet erst (aufwendig) "rooten" oder "jailbreaken". Aber selbst wenn man das alles nicht will, werden Updates vom Hersteller eher unregel- maessig ausgerollt. Ein, zwei Updates, dann ist Schluss, denn das Nachfolgegeraet ist ja schon in den Startloechern -- von einer lang- fristigen Versorung mit Updates wie es Microsoft oder Apple im Desktop-bereich inzwishcen gelernt haben, ist hier nichts zu sehen. Und uach die Hardware ist nicht so, wie wir uns das gewuenscht haben, meist koennen die Chips deutlich mehr, als die Hersteller zulassen wollen: Oh, man kann mit unserem Tablet auch echte Digitizer ver- wenden? Ist uns gar nicht aufgefallen, wir dachten das waere nur im baugleichen Schwesterprodukt zum doppelten Preis moeglich. Und Anschluesse? Wenn sowas nach aussen gefuehrt wird, dann natuerlich nicht in den standardisierten Steckern, nein, das macht man heute per proprietaeren Docking-Anschluessen. Da kann man dann wenigstens die Adapter fuer teuer Geld verkaufen -- aber das natuerlich auch nur bis der Nachfolger fertig ist, der hat ja auch wieder einen ge- aenderten Anschluss und die Doppelproduktion, die lohnt ja nicht. Wer hat denn heute schon noch ein ein Jahr altes Geraet... Seufz, das ganze ist so traurig wie brandgefaehrlich: Auf der einen Seite haben viele Hersteller die Mentalitaet der Telefonkonzerne und Embedded-Anbieter uebernommen -- d.h. der einmal verkaufte/ausge- rollte Stand, ist fuer die Ewigkeit -- zum anderen haben wir eben eine Vielzahl von Nutzern, die eine entsprechende Oeffnung auch nicht einfordern, ja vielleicht auch nicht benoetigen, die nur konsumieren wollen. Und so passen sich auch die Hersteller, die vom PC-Markt kommen, den Gegebenheiten dankend an.